Nonverbale Kommunikation: Körpersprache interpretieren

Nonverbale Kommunikation: Körpersprache interpretieren

So lernen Sie, die Körpersprache Ihres Gegenübers zu "lesen"

Krisensitzung beim Chef, Streitgespräch mit dem Ehepartner, heikle Auseinandersetzung mit Kollegen – in solchen Situationen kommt es nicht nur auf die Worte an, sondern auch auf die Stimmung, in der sie vorgetragen werden. Wenn Sie die wichtigsten Elemente der nonverbalen Kommunikation verstehen und auf die eigene Körpersprache anwenden, haben Sie in Konfliktsituationen einen großen Vorteil.

Sitzhaltung: Partner oder Knecht?

simplify-Tipp: Setzen Sie sich auf einem Stuhl oder einem Sofa immer so, dass Ihr Becken an der Lehne anstößt und Sie die Sitzfläche komplett nutzen. Halten Sie den Oberkörper aufrecht und lehnen Sie sich aus dieser Ausgangsposition bequem auf eine Seite. Vermeiden Sie:

Die "Fluchtposition" (Sitzen auf der vorderen Stuhlkante, Gewicht auf die Füße verlagert). Sie signalisiert: „Ich will hier weg."

Die "Fläzhaltung" (Po an der Sitzkante, gebogener Rücken angelehnt, Schultern hochgezogen). Damit demonstrieren Sie unbewusst Unterwürfigkeit und Ablehnung.

Jede Änderung Ihrer äußeren Haltung spiegelt eine Veränderung Ihrer inneren Haltung wider und zieht die unbewusste Aufmerksamkeit des Gesprächspartners auf sich – auch wenn Sie das gar nicht beabsichtigen (sondern Ihnen einfach nur der Hintern wehtut). Achten Sie also darauf, wann Sie Ihre Sitzhaltung ändern. Am wenigsten fehlinterpretiert wird das, wenn Sie sich anders hinsetzen, sobald es Ihr Gegenüber auch tut.

Beinhaltung: aktiv oder Opfer?

Schlagen Sie die Beine am Anfang nicht übereinander, sondern stellen Sie sie locker, aber geschlossen nebeneinander. Daraus ergibt sich eine selbstbewusste, offene Haltung.

Die Beine und das (wenn auch von der Kleidung verdeckte) Geschlechtsorgan dazwischen sind ein sehr starkes Mittel der Körpersprache. Achten Sie einmal auf die Gäste in der Harald-Schmidt-Show und anderen ähnlichen Sendungen: Nach dem Hinsetzen schlagen fast alle Gäste, vor allem die weiblichen, die Beine übereinander. So versuchen sie, sich vor der unterschwelligen Aggression des Moderators zu schützen.

Ein männlicher Gesprächspartner, der Ihnen mit weit geöffneten Beinen gegenübersitzt, setzt damit ein starkes aggressives Zeichen. Als Mann kann es für Sie in kritischen Situationen sinnvoll sein, ebenfalls die Beine zu öffnen und damit Gleichwertigkeit und Kampfbereitschaft zu zeigen. Als Frau sollten Sie bei solch einem Gegenüber „aus der Schusslinie" gehen und sich so vom Partner wegdrehen, dass er nur noch Ihre „Breitseite" trifft.

Position am Tisch: Territorialansprüche

simplify-Tipp: Setzen Sie sich bei wichtigen Gesprächen dem anderen nie genau gegenüber, sondern am besten über Eck. Dadurch vermeiden Sie die dauernde direkte Konfrontation. Durch Ihre Körperdrehung können Sie in der nonverbalen Kommunikation selbst bestimmen, wie weit Sie sich (freundlich oder feindlich) dem Partner zuwenden. Ist ein Tisch zwischen Ihnen, sollten Sie bedenken, dass die Grenze der Intimzonen genau in der Mitte verläuft. Am besten teilen Sie „Ihre Hälfte" ab, indem Sie dort z. B. einen Kalender hinlegen. Hat der andere etwas von seinen Sachen in Ihre Zone geschoben, wird es schwierig für Sie!

Stirnfalten: Interesse oder Desinteresse?

Waagerechte Stirnfalten zeigen: Die Aufmerksamkeit wird stark in Anspruch genommen. Das kann aus Angst, Schrecken, Staunen, Verwirrung oder Überraschung geschehen. Da geschieht Konzentration im wahrsten Sinne des Wortes: Es zieht sich etwas zusammen. Richtet sich die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Punkt oder eine bestimmte Person, dominieren die senkrechten Stirnfalten.

simplify-Tipp: Achten Sie darauf, wann Ihr Gegenüber von waagerechten zu senkrechten Falten wechselt. Dann wird seine Beachtung für Sie stärker – Sie haben also ein wichtiges Thema erwischt. Die senkrechten Furchen können auch ein Warnsignal sein: Vorsicht, jetzt könnte ein Angriff erfolgen!

Die Fortsetzung dieses Artikels, "Ein guter erster Eindruck" [Link zu Kat5SubKat1Art3042] verrät Ihnen, was Sie bei Mimik und Gestik für einen guten ersten Eindruck beachten können.

Die besten Einsichten vom Körpersprache-Guru Samy Molcho

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Gefühlshand und Vernunfthand

Die linke Hand, verbunden mit der rechten (emotionalen, ganzheitlichen) Hirnhälfte, ist Ihre „Gefühlshand". Die rechte Hand (linke rationale Gehirnhälfte) ist die „Vernunfthand". Achten Sie auf die Gefühlshand bei jemand, der Sie begrüßt: Bleibt die Gefühlshand beim Händeschütteln unbeteiligt hängen, gibt es noch etwas Eis, das Sie erst auftauen müssen. Macht Ihr Gegenüber aber mit seiner Gefühlshand eine einladende Bewegung und zeigt Ihnen dabei noch die Handinnenfläche, dann können Sie sich getrost entspannen.

Handfläche und Handrücken

Alle Bewegungen, bei denen Sie Ihrem Gegenüber die Innenfläche Ihrer Hand zuwenden, sind Gesten des Friedens und der Offenheit. Selbst die Abwehrhaltung mit beiden erhobenen Handflächen signalisiert Klarheit: „Ich sage Nein, aber bitte tu mir nichts!"

Zeigen Sie Ihrem Gegenüber dagegen den Handrücken, wirkt das unbewusst als Ablehnung und Angriff. Der erhobene Zeigefinger mit dem Handrücken zum Gesprächspartner ist eine stark wirkende Drohgebärde.

Bei Verhandlungen können Sie mit Ihrer offenen Gefühlshand Gesprächsbereitschaft ausdrücken, während Ihre Vernunfthand vor Ihrer Brust (mit dem Handrücken zum anderen) klar abgrenzt: „Wir können reden, aber nur bis zu einer bestimmten Grenze."

Faust

Das beste Zeichen offener oder versteckter Aggression in der nonverbalen Kommunkation ist die geballte Faust. Wenn Sie bei einer Verhandlung in freundlichem Ton reden, dabei aber die Fäuste ballen, wird Ihr Gesprächspartner das Gespräch in schlechter Erinnerung behalten: „Der war aber aggressiv!"

„Stachelschwein" und „Katholik"

Gefaltete Hände mit gestreckten Fingern (Stachelschwein) sind eine Abwehrgeste. Die „katholische" Gebetshaltung (beide Handflächen aufeinander) und Varianten davon (nur die Finger oder die Fingerspitzen berühren sich) sind dagegen versöhnliche Signale: „Lassen Sie uns unsere Berührungspunkte finden."

Der Dominanzdaumen

Der dickste Finger, der das Greifen erst möglich macht, ist ein starkes Signal. Der aufgerichtete Daumen steht für Ich-Stärke. Die typisch italienischen Erzählgesten enthalten fast immer einen stark nach oben deutenden Daumen und sagen damit: „Ich erzähle eine Geschichte, in der ich die Hauptperson bin." Wenn Sie Probleme haben, sich bei Gesprächen einzubringen und durchzusetzen, dann arbeiten Sie mit Ihrem nach oben gereckten Daumen – und spüren Sie, wie er Ihnen Kraft gibt und Ihren Zuhörern Respekt verschafft.

Der Hals

Das Zeigen des Halses ist durch unsere biologische Geschichte in der nonverbalen Kommunikation verankert, in 2 sehr unterschiedlichen Varianten: Wenn Sie den Kopf drehen und dabei dem anderen den Halsflügel zeigen, ist das eine Vertrauens- und Demutsgeste („Ich schaue von dir weg, du könntest mich jetzt beißen und ich würde mich nicht wehren").

Heben Sie dagegen den Kopf und zeigen dem anderen die Kehle, ist das eine stark konfrontative Botschaft („Ich schaue dich an – wenn du mir an die Gurgel willst, bin ich schneller!"). Der erhobene Hals ines anderen wirkt – das ist tief in uns verankert – immer „hochnäsig" und provokant.

simplify-Sofort-Tipp: nonverbale Kommunikation üben

Haben Sie die eine oder andere Geste beim Lesen nachgeahmt? Prima. Wenn eine „Lieblingsgeste" dabei war, dann wiederholen Sie sie noch ein paar Mal. Üben Sie sie heute immer wieder und nehmen Sie sie in Ihren „Körperwortschatz" auf. Nonverbale Kommunikation lässt sich lernen wie ein neues Fremdwort: durch Wiederholen und praktisches Anwenden.

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