Nächstenliebe: Hilfe für Obdachlose

Nächstenliebe: Hilfe für Obdachlose

Was Sie für obdachlose Mitmenschen tun können

Viele Menschen schauen weg, legen hastig ein Geldstück hin oder machen einen großen Bogen, wenn sie obdachlosen Mitmenschen begegnen. Meist aus Unsicherheit und mit schlechtem Gewissen.Welche anderen Möglichkeiten haben Sie? simplify your life hat nachgefragt.

Begegnung zwischen 2 Menschen

Wer keinen festen Wohnsitz hat, erfährt immer wieder, dass man auf ihn herabschaut. Indem Sie einen obdachlosen Menschen anschauen und grüßen, zeigen Sie ihm Ihre Achtung.Wenn Sie öfter an derselben Person vorbeikommen, versuchen Sie, ins Gespräch zu kommen: „Kann ich Ihnen helfen?“, oder „Darf ich Sie zu einem Getränk einladen?“ fragen. Stellen Sie sich möglichst mit Namen vor. Ihr Gegenüber wird ihn sich wahrscheinlich nicht merken, aber registrieren: Sie nehmen ihn für voll.Wichtig: Achten Sie auf Ihre eigene Distanzschwelle und auf die Ihres Gegenübers.

Natürlich werden Sie auch unwirsche Antworten bekommen.Wie überall gibt es auch unter obdachlosen Menschen Freundliche und Unfreundliche, Gesprächige und Mundfaule. Ist jemand offensichtlich alkoholisiert, macht ein Gespräch allerdings keinen Sinn. Bei Schimpftiraden oder Drohgebärden gehen Sie ruhig weiter.

Eher Naturalien als Geld

Viele obdachlose Menschen setzen Geld in Alkohol um. Und bei den jämmerlichen Gestalten, die auf den Knien betteln oder Sie offensiv bedrängen, landet Geld oft bei Hintermännern einer straff organisierten Bettlerbande. Auf die Frage „Haben Sie einen Euro für mich?“ dürfen Sie daher ruhig „Ich möchte kein Geld geben“ antworten. Bieten Sie stattdessen etwas zu essen an: „Ich gehe zum Bäcker – darf ich Ihnen etwas mitbringen?“

Schenken Sie Luxus

Für die meisten Menschen selbstverständlich, für obdachlose Mitmenschen ein absoluter Luxus: wählen, was man essen möchte. Fragen Sie Ihr Gegenüber, ob er von Ihren Einkäufen eine Banane oder ein Brötchen möchte, oder laden Sie ihn bei einem Schnellimbiss zu einem Gericht seiner Wahl ein.

Ebenfalls ein Luxusgut: Informations- und Unterhaltungsmedien. Bieten Sie beispielsweise Ihre gerade ausgelesene Zeitschrift an. Auf der Straße zu leben bedeutet nicht automatisch, desinteressiert und ungebildet zu sein. Auch eine Telefonkarte oder eine Fahrkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel ist oft hilfreich. Fragen Sie!

Wenn sich der Beschenkte bedankt, nehmen Sie das als Gegengeschenk an: Sie geben etwas Materielles und erhalten dafür etwas Wertvolles, Nichtmaterielles – seine guten Wünsche.

Akzeptanz & Ermutigung

Vor allem in Großstädten gibt es viele Hilfsangebote. Doch Hilfe anzunehmen, weil man etwas alleine nicht schafft, kostet viel Kraft. Durch Freundlichkeit zeigen Sie, dass Sie Ihr Gegenüber auch in seiner gegenwärtigen Lebenslage achten. Nur dann können Sie ihn ermutigen, sein Leben zu verändern. Informieren Sie sich bei Caritas, Diakonie oder Pfarrämtern über konkrete Hilfsangebote.

Konkrete Hilfe

Eine wertvolle Hilfe für einen obdachlosen Menschen ist ein sicherer Aufbewahrungsort für dessen Sachen, etwa ein Kellerraum. Allerdings bringen Sie sich dadurch in gegenseitige Abhängigkeit. Bieten Sie das daher nur an, wenn Sie sich sympathisch sind und der obdachlose Mensch auf Distanz bedacht ist. Immer gut: Sagen Sie vorher, für welchen Zeitraum Sie dies tun.

Für ihre Auskünfte danken wir Dr. Sabine Kohlmann, lange Jahre als Ärztin in einer Arztpraxis für Obdachlose tätig, und Pfarrer Anton Weber, Seelsorger für obdachlose Mitmenschen. Die Geschichte über Rilke finden Sie in vielen Versionen im Internet über die 3 Suchwörter Rilke, Rose und Bettlerin.

Das Geschenk der Rose

Worum es bei einer solchen Begegnung geht, veranschaulicht eine Geschichte über den Dichter Rainer Maria Rilke (1875–1926). Während eines Parisaufenthalts ging Rilke häufig an einer Bettlerin vorbei, gab ihr aber nie Geld. Auf die Frage nach dem Warum antwortete Rilke, man müsse ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand. Eines Tages überreichte Rilke der Bettlerin eine Rose. Daraufhin küsste diese seine Hand, ging weg und war einige Tage lang nicht zu sehen. Auf die Frage, wovon sie in der Zwischenzeit gelebt habe, antwortete Rilke: „Von der Rose“.

Autorin: Dr. Ruth Drost-Hüttl

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