Warum das limbische System Ihr Schlüssel zum Glücklichsein ist

Warum das limbische System Ihr Schlüssel zum Glücklichsein ist

Immer wieder habe ich (Tiki) mich gefragt: Gibt es einen Generaltipp, eine Art Masterplan zur Vereinfachung des Lebens? Nach vielen Jahren glaube ich, dank neurowissenschaftlicher Forschungserkenntnisse, der Lösung nahe zu sein. Der Schlüssel zu einem einfacheren, glücklicheren Leben steckt in unserem Kopf, mitten im Gehirn.

Unsere drei Gehirne

Das Großhirn, den Neocortex, haben in dieser Form nur wir Menschen. Es ist im Lauf der Evolution vergleichsweise spät entstanden, vor höchstens 2 Millionen Jahren. Es ist hochentwickelt und hat enorme analytische Fähigkeiten, die es Ihnen ermöglichen, hochdifferenzierte Entscheidungen zu treffen. Mindestens einen gravierenden Nachteil aber hat die Großhirnrinde: Für Entscheidungen in Notsituationen ist sie zu langsam. Zum Glück haben Sie noch zwei ältere Gehirnteile an Bord. Sie arbeiten längst nicht so differenziert, dafür aber fantastisch flink. Der innerste Kern ist der Hirnstamm („Reptilienhirn“), der für Funktionen wie Atmung und Stoffwechsel verantwortlich ist. Zwischen Stammhirn und Großhirn liegt das limbische System. Es ist entstanden, als wir alle noch kleine Säugetiere waren und leistet uns auch heute noch gute Dienste.

Schnell und ungenau

Limbi – so der von meiner Frau ersonnene Spitzname für das limbische System – denkt überhaupt nicht differenziert. Er kann gerade einmal empfinden, ob ihm etwas gefällt oder nicht. Das kann er aber dafür unheimlich schnell und unheimlich stark. Limbi ist Ihr emotionales Gehirn, das mit dem Rest Ihrer Person über Ihren Körper kommuniziert. Wenn Limbi etwas gefällt, fühlen Sie sich wohl. Missfällt ihm etwas, verursacht Ihnen das Schmerz, Müdigkeit, Unlust usw. Der Neurobiologe Antonio Damasio, der als der hauptsächliche Entdecker von Limbi gelten darf, verwendet dafür den Begriff „somatische Marker“, körperliche Markierungen. Wie schnell Ihr Limbi reagiert, können Sie in einem Selbstversuch ausprobieren. Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit einem öffentlichen Verkehrsmittel und hören plötzlich neben sich „Fahrscheinkontrolle!“ Na, erschrocken? In der Regel reagiert Limbi ungefähr so: Wenn Sie sich in die Situation hineinversetzen konnten und eine innerliche Reaktion gespürt haben, dann geschah das innerhalb von etwa 0,2 Sekunden. Das ist die typische Reaktionszeit von Limbi. Nach dem ersten Schrecken merken Sie, wie Ihre Großhirnrinde langsam hinterher kommt und die intelligente Frage stellt: „Vielleicht haben wir ja einen Fahrschein?“ Die Ängste, die Limbi bei dem Wort „Fahrscheinkontrolle!“ produziert hat, war in diesem Fall vermutlich völlig unbegründet.

Limbische Situationen

Eine andere Art der Interaktion mit Limbi hat mit seinem Ruhebedürfnis zu tun (andere sagen dazu Faulheit). Sie müssen eine Arbeit in Angriff nehmen, beispielsweise eine Abrechnung mit Ihrer Krankenkasse erstellen. Da spü- ren Sie Limbi wieder sehr deutlich: Irgendetwas in Ihnen findet, dass man die wichtige Aufgabe sehr gut verschieben und sich einer angenehmeren Tätigkeit zuwenden kann. Wie aber kommen Sie trotzdem zur Abrechnung oder zu einer der vielen anderen Tätigkeiten, denen sich Limbi erst einmal verweigert? Die populäre Lösung dafür ist folgende: Limbi wird gewürgt. Diese Technik wird unter verschiedensten Namen angeboten: den inneren Schweinehund überwinden. Sich zusammenreißen. Mit Selbstdisziplin arbeiten. Die Neurowissenschaften haben diesen Vorgang genau erforscht: Der präfrontale Cortex, Sitz der Persönlichkeit und des Willens, versucht nach Kräften, die Impulse des limbischen Systems zu beeinflussen. Die Hirnforschung ist eine exakte Naturwissenschaft und zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: Die Methode der Limbiwürgung funktioniert fast nie! Hier ist eine Revolution vonnöten, und sie hat bereits begonnen. Wir müssen lernen, Ziele und Aufgaben so umzuformulieren, dass sie Limbi gefallen.

Kooperation statt Kampf

Wenn Sie beispielsweise kein großer Sportler vor dem Herrn sind und von Ihrem Arzt den dringenden Rat bekommen, mehr zu laufen, wird Ihr Limbi sagen: „Warum? Wir sind doch immer so schön auf dem Sofa gelegen!“ Und was nun? Das Geheimnis einer erfolgreichen, gesunden und glücklichen Zukunft für Sie liegt darin, Ihre vernünftigen Lebensziele limbifreundlich zu formulieren. In dem Beispiel mit dem Joggen könnte es genügen, dass Sie Ihrem Limbi anbieten: Da draußen in der Natur sind wir morgen Früh eine Zeitlang ungestört. Weg vom morgenmuffeligen Ehepartner, weg von der lauten Musik des Teenagers (oder was auch immer Sie daheim stört). Fährt Ihr Limbi auf diesen Aspekt der Freiheit ab, werden Sie sich ab sofort gerne zwei- oder dreimal pro Woche morgens in Laufschuhen unter freien Himmel begeben – weil Ihr Limbi daran Gefallen findet. Mit dem Limbi auf Ihrer Seite können Sie mit ungeahnter Leichtigkeit die Herausforderungen Ihres Lebens meistern.

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