Heutzutage ist es nichts Ungewöhnliches mehr, wenn man mehrmals den Arbeitgeber oder sogar das Tätigkeitsfeld wechselt. Ich selbst bin das beste Beispiel dafür: Studiert habe ich kurzgefasst Städtebau. Danach folgte ein Volontariat in der PR-Branche, nach einigen Jahren die Selbstständigkeit. Ich begann mehrere Weiterbildungen mit dem Ziel „noch etwas Anderes“ in mein Angebot aufzunehmen. Inzwischen gehört das Tipi-Coaching fest zu meinem Tätigkeitsbereich. Und ich weiß: Stillstand wird es in meinem Leben vermutlich nie geben.
Wenn ich anderen meinen Werdegang schildere, werde ich häufig gefragt, warum ich den Städtebau habe fallen lassen. Ganz ehrlich: Das habe ich mich selbst oft genug gefragt. Sollte ich dort vielleicht wieder Fuß fassen? Schließlich ist das der Beruf, den ich eigentlich erlernt habe! Wann immer diese Zweifel aufkamen, zerstreute ich sie – mal früher, mal später. Ich entschied mich stets für das, wohin mein Herz mich geführt hatte: das Schreiben, die Kommunikation. Irgendwann während des Studiums hatte ich entschieden, mein noch junges Hobby zum Beruf zu machen.
Warum ich das erzähle? Immer wieder begegne ich Menschen, die sich unsicher sind, welcher Tätigkeit sie nachgehen wollen. Für eine Sache sind sie ausgebildet und halten sich für qualifiziert. Für eine andere Sache brennen sie, auch wenn sie dort keinen Abschluss vorzuweisen haben. Schon stecken sie im Dilemma: „Ich habe meinen Meister gemacht! Ich bin gut in meinem Job. Aber wenn ich dem nachgehe, kann ich das andere nicht mehr machen. Das, was mir wirklich Freude macht!“ So ähnlich hörte ich das neulich von einer Freundin. Sie hat sich gerade mal wieder für die „Herz-Sache“ entschieden. Doch ich verfolge ihren Prozess schon eine ganze Weile. Eines Tages wird sie vermutlich darüber nachdenken, doch ihrem Meisterberuf wieder nachzugehen.
Mir scheint, das, was man gelernt hat, besitzt eine starke Bindungskraft: Man hat Zeit und Geld dafür investiert. Geackert, gebüffelt, Höhen und Tiefen erlebt. Das, was unser Herz erwärmt, eignen wir uns oft mühelos an. Mit viel Elan und Freude. Hiervon geht eine große Überzeugungskraft aus. Doch wie soll man nun wissen, was das Richtige ist?
Ich habe einmal in einem Buch (Finde den Job, der dich glücklich macht) gelesen, dass Berufung nicht gleich Beruf bedeuten muss. Seiner Berufung kann man auch folgen, ohne seinen Lebensunterhalt damit verdienen zu müssen. Es ist also Abwägungssache. Wie viel bin ich bereit zu geben für den erlernten Beruf? Und wie viel will ich von dem, was mir Freude macht? Idealerweise lässt sich das eine mit dem anderen verknüpfen. Schließlich haben die meisten ihren erlernten Beruf nach eigenen Vorlieben auserwählt.
Schwierig wird es dann, wenn mit der Berufung kein Geld zu verdienen ist. Die Ausbildung ist geschafft, doch dann fehlen die Perspektiven für die Zukunft. Auch diese Version ist mir bekannt. Dann wird eine Tätigkeit gesucht, die besser dafür geeignet ist, den Lebensunterhalt zu sichern. Ob sie jedoch Glücksmomente beschert so wie die andere – das bezweifle ich, wenn ich es auch nicht ganz ausschließen möchte. Vermutlich geht die Suche dann weiter nach dem, was „das Richtige“ ist.
Ich selbst habe es jedenfalls nie bereut, dass ich meinem innersten Kompass gefolgt bin. Angezweifelt ja, bereut nie.