Wie Sie unnötige Kränkungssituationen vermeiden
Wenn Sie von Ihrer Kollegin nur noch flüchtig gegrüßt werden oder Ihr Chef Sie vor allen anderen fertigmacht – dann sind dem wahrscheinlich irgendwelche Kränkungen vorausgegangen. Die Folge: Sie sind auch gekränkt – ein Teufelskreis. Hier ein paar Anregungen für ein Konfliktmanagement, mit dem Sie da herauskommen können:
Das läuft bei einer Kränkung ab
Kränkungen sind, so die Psychologin Bärbel Wardetzki, Reaktionen auf Ereignisse, durch die der Betroffene sich seelisch verletzt und entwertet fühlt: Kritik, Zurückweisung, Ablehnung, Ausschluss, Ignoriertwerden. Ob jemand das als Kränkung empfindet, hängt stark von ihm selbst ab: von seiner Empfindlichkeit, seinen wunden Punkten, seinen Ansprüchen an sich selbst und an andere.
Den anderen nicht in Watte packen
In jeder Arbeitsumgebung gibt es Menschen mit wenig Selbstbewusstsein, die häufig mimosenhaft reagieren. Auch wenn Sie denen gegenüber noch so einfühlsam und rücksichtsvoll sind, werden Sie es nicht schaffen, Kränkungssituationen ganz zu vermeiden. Speziell dann nicht, wenn Sie in einer Entscheider-Position sind und zwangsweise auch unpopuläre Entscheidungen treffen müssen. Die beste Strategie fürs Konfliktmanagement: Bleiben Sie klar auf der Sachebene.
Konstruktive Kritik …
Um das Ihre dazu beizutragen, dass andere Ihre Kritik nicht in den falschen Hals kriegen, beachten Sie diese 3 Regeln:
- Machen Sie deutlich, dass es Ihnen um die Sache geht und dass hinter Ihrer Kritik positive Motive stehen („Damit unsere Abteilung die Daten in Zukunft pünktlich liefern kann …“).
- Kritisieren Sie nie vor Dritten.
- Sprechen Sie eine konkrete Situation an („Vorgestern …“) statt pauschale Vorwürfe zu äußern („Nie sind Sie in der Lage …“).
… und qualifiziertes Lob
In praktisch allen Unternehmen klagen die Mitarbeiter: Es wird zu wenig Wertschätzung ausgedrückt. Stellen Sie sich in der nächsten Woche bei jedem Menschen in Ihrem beruflichen Umfeld diese 2 Fragen:
- Wann habe ich ihn zuletzt kritisiert?
- Wann habe ich ihn zuletzt gelobt?
Manche Menschen sind süchtig nach Bestätigung. Sprechen Sie aber Anerkennung nur aus, wenn Sie tatsächlich dahinter stehen. Denken Sie sich in Ihr Gegenüber und seine Arbeit ein. Dadurch graben Sie der häufigen Klage „Der hat doch gar keine Ahnung, was ich mache!“ das Wasser ab.
Offene Leitung statt Stille-Post-Spiel
Beim Kinderspiel „Stille Post“ wird ein Satz von Mund zu Ohr geflüstert – und kommt beim letzten Mitspieler meist völlig verdreht an. Dieses Spiel wird gern am Arbeitsplatz gespielt: falsche Gerüchte, fiese Halbwahrheiten, gemeine Andeutungen …
Um die Situation zu verbessern, genügt es nicht, sich aus der Gerüchteküche herauszuhalten. Hören Sie genau hin und initiieren Sie eine offene Kommunikation: „Ich habe den Eindruck, einige von uns sind mit der neuen Aufgabenteilung nicht zufrieden. Ich würde gern bei unserem nächsten Meeting darüber sprechen.“
Die Symbolkraft Ihrer Handlungen
Oft sind es Kleinigkeiten, die der Gekränkte als Zurücksetzung empfindet: Wie groß ist mein Zimmer, wer geht mit wem zum Mittagessen, wer kommt in den E-Mail-Verteiler, wer darf an welcher Besprechung teilnehmen? Machen Sie ihm oder ihr klar: Perfekte Gerechtigkeit gibt es nicht. Oft hilft es, die eigenen Entscheidungen auf sachliche Gründe zurückzuführen: „Weil ich nicht frühstücke, brauche ich ein frühes Mittagessen. Deshalb schaffen wir es selten, gemeinsam zu Tisch zu gehen.“
Wenn Sie sich selbst gekränkt fühlen …
… werden Ihre echten Gefühle (Schmerz, Wut, Scham, Angst) meist überdeckt von Ersatzgefühlen: Rachegedanken, Empörung, Ohnmacht, Enttäuschung, Trotz. Das Problem: Während echte Gefühle sich bis zu einer Spitze aufbauen und dann allmählich wieder abflauen, können Ersatzgefühle lange anhalten, ohne sich zu verändern, und Ihr Leben dadurch vergiften. Bärbel Wardetzki rät daher: Nehmen Sie Ihre echten Gefühle wahr und machen Sie diesen auch Luft – allerdings nicht am Arbeitsplatz, sondern im Gespräch mit einem vertrauten Menschen.
Mehr dazu in: Bärbel Wardetzki, Kränkung am Arbeitsplatz. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2012. ISBN-10: 3423347104. 8,90 €. Ihre Website: baerbel-wardetzki.de
Autor: Tiki Küstenmacher