Wie Sie bei Ihren Gesprächspartnern Täuschungsversuche enttarnen
Haben Sie manchmal das Gefühl, dass jemand unehrlich zu Ihnen ist? Im Berufsleben kann es entscheidend sein, Lügen rechtzeitig zu erkennen. Auch im privaten Bereich kann das hilfreich sein. Aber verwenden Sie die folgenden Erkenntnisse des US-Experten Stan Walters nicht, um Ihren Ehepartner zu verhören, sondern um ihre Menschenkenntnis in Alltagssituationen zu schulen. Wichtiger als Ihr innerer Lügendetektor: dass Sie selbst bei der Wahrheit bleiben.
Im Zweifel für den Angeklagten
Nichts ist schlimmer, als jemand zu Unrecht der Lüge zu bezichtigen. Selbst wenn Sie den Unaufrichtigen eindeutig überführen könnten – oft ist es klüger, ihn nicht in die Enge zu treiben. Lassen Sie ihn im Ungewissen, ob Sie ihm seine Geschichte abkaufen. Geben Sie ihm eine Chance, seinen Fehler auszubügeln, ohne seine Würde zu verlieren.
Sprachliche Störungen
Häufiges „äh“ oder Stottern sind Zeichen für Stress, nicht unbedingt für eine Täuschung. Im Gegenteil: Wer bei peinlichen Befragungen betont kühl und sachlich bleibt, kommt viel eher als Lügner in Frage. Verräterischer sind Pausen, in denen Ihr Gegenüber eine Täuschung zumindest erwägt – oder im Stillen prüft, ob seine nächste Lüge mit seinen bisherigen zusammenpasst. Auch nervöses Lachen und Ausweichen ins Witzige sind gute Lügenindikatoren.
Die Sprache des Gesichts
Häufiges Blinzeln oder ein ausweichender Blick werden nach Walters‘ Erfahrung als Zeichen für Unwahrheit überschätzt. Die Körpersignale eines Lügners sind komplizierter. Erinnern Sie sich, wie Menschen durch Ihre Haltung ausdrücken, dass sie anderen nicht glauben: Hände in den Hüften, Kopf geneigt oder aufgestützt, Gesicht abgewendet. Antwortet jemand auf Ihre Fragen in dieser Haltung, ist das ein Indiz dafür, dass er seiner eigenen Aussage nicht glaubt.
Die Sprache der Hände
Achten Sie darauf, wann Ihr Gesprächspartner sich mehr als sonst an Augen, Mund, Nase oder Ohren fasst. Durch dieses unbewusste „Negationsverhalten“ sollen Falschaussagen neutralisiert werden – ein archaisches Ritual. Wer Augen, Mund oder andere Teile des Kopfes für kurze Zeit vollflächig mit der Hand bedeckt, fürchtet unbewusst, dass sein Körper verräterische Signale aussenden könnte und versucht, sie „wegzuwischen“. Doch Vorsicht: Das gilt nur, wenn der Betroffene diese Bewegungen sonst nicht ausführt.
Die Sprache der Beine
Wenn der Befragte seinen Körper von Ihrem entfernt, ist das kein gutes Zeichen: Er drückt sich in den Sitz, wendet sich von Ihnen ab, oder läuft einfach langsam aus dem Zimmer. Übertriebene Annäherung kann der schlecht getarnte Versuch sein, Sie einzuschüchtern oder sich einzuschmeicheln. Hält der andere die Entfernung zu Ihnen (wie das bei den meisten normalen Gesprächen der Fall ist), sagt er wahrscheinlich die Wahrheit.
Verräterische Inhalte
Blocker („warum sollte ich etwas so Dummes tun?“) streiten nicht direkt ab, sondern wollen die Beschuldigung zum Beweis der Unschuld umdrehen.
Brücken („Aus heiterem Himmel“, „urplötzlich“, „ich weiß nicht mehr wie“) wollen 2 Teile einer Aussage verbinden und die Lücke überdecken, in der die Wahrheit verschwiegen wird: „Ich ging hinter ihm her und auf einmal lag er am Boden (Lücke: Ich hatte ihm das Bein gestellt).“
Verlagerung („Die anderen machten das auch“, „Es ging allen so“). Seien Sie misstrauisch, wenn Sie jemanden fragen und er spricht in seiner Antwort von anderen.
Die streng wörtliche Antwort ist eine raffinierte Verschleierungsmethode: Der Befragte versteht Ihre Frage absichtlich wörtlich, antwortet haarspalterisch genau und glaubt, damit nicht zu lügen. Frage: „Haben Sie den Geheimcode verraten?“ Antwort: „Mit absolut niemandem aus unserer Firma habe ich darüber gesprochen.“
Einwilligungs-Signale
Fühlt sich der Lügner ertappt, stellt er typische Testfragen: Die Bestrafungs-Anfrage („Bekomme ich jetzt eine Abmahnung?“) ist schon ein halbes Geständnis. Ebenso die Aussage in der 3. Person („Soll ich etwa lügen und sagen, dass ich es war?“), mit der der Lügner die Schuld probeweise oder in aggressiver Form auf sich nimmt.
Sehr häufig im Berufsleben ist die Wiedergutmachungs-Offerte eines Lügners („Ich habe keinen Fehler gemacht, aber ich bin bereit, für einen Teil des Schadens aufzukommen!“). Oft wird dabei die Schuld scheibchenweise zugegeben („Es waren nur ein paar.“).
Das Buch dazu: Stan Walters, Der kleine Lügendetektor. mvg-Verlag, München 2002. ISBN 3-478-08783-X. gebraucht erhältlich.
Eine Anleitung zum Lügen?
Kann Ihnen dieses Wissen helfen, selbst ein besserer Lügner zu werden? Walters, der Tausende Polizisten und Richter geschult hat, sagt deutlich nein: „Sie würden unübersehbare Täuschungssignale produzieren, weil Ihnen zu viele theoretische Informationen durch den Kopf gehen.“ Das Erkennen von Lügen verfolgt nur ein Ziel: glücklichere, ehrlichere und rundum befriedigende Beziehungen.
Autor: Tiki Küstenmacher