Gewaltfreie Kommunikation

Gewaltfreie Kommunikation

Wie Sie Missverständnisse und Sprachlosigkeit vermeiden

Manchmal trifft es Sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Ihr Chef rastet aus, ein Mitarbeiter betrachtet Sie plötzlich als Feind, Ihr Partner empfängt Sie mit grimmiger Miene. Was ist passiert? Die These des amerikanischen Mediators Marshall Rosenberg: Ihre Worte führen oft ungewollt zu Verletzungen und Ärger. Ohne dass Sie es gemerkt haben, hat sich Konfliktpotenzial aufgestaut und zu einem unerwarteten Zeitpunkt entladen. Rosenberg hat Regeln erarbeitet, wie Sie gewaltfreie Kommunikation, versteckte Verletzungen und deren schlimme Konsequenzen vermeiden können.

Diese Regeln gelten für jedes handlungsorientierte Gespräch – sei es beruflich oder privat – zwischen Partnern oder zwischen Angehörigen verschiedener Hierarchien.

1. Beobachten Sie ehrlich

Sagen Sie, was Sie sehen, und zwar in der Ich-Form. Beginnen Sie ein Gespräch nicht mit Ihren Urteilen, sondern mit Ihren Beobachtungen. Also nicht: „Was Sie da über unsere Tagung geschrieben haben, ist eine Zumutung”, sondern: „Ich habe Ihren Bericht gelesen, und ich habe Schwierigkeiten gehabt, aufmerksam zu bleiben.” Bemerken Sie das Aggressionspotenzial des Wortes „Zumutung”? Wenn Ihre Aussage übereinstimmt mit Ihrer inneren Realität, wirken Sie auf den anderen glaubwürdig. Ihr Gegenüber kann verstehen, wie Sie die Welt wahrnehmen.

2. Äußern Sie Ihre Gefühle

Sprechen Sie in der beobachtenden Ich-Form über Ihre Emotionen, wieder ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Sagen Sie nicht: „Mit Ihrem Schreiben haben Sie mich tödlich gelangweilt”, sondern: „Beim Lesen habe ich gemerkt, wie ich innerlich abgeschaltet habe.” Die „tödliche” Langeweile ist ein weiteres Beispiel für versteckte Gewalt („Mit dem, was Sie tun, wollen Sie mich töten”).

3. Stehen Sie zu Ihren Bedürfnissen

Ihre Gefühle – auch die negativen – erzeugen in Ihnen Wünsche und Erwartungen. Diesen konstruktiven Aspekt Ihrer Emotionen arbeiten Sie am besten heraus, indem Sie Ihre Bedürfnisse sich selbst und dem anderen klarmachen. Schlechtes Beispiel: „Ihren Bericht können Sie zum Fenster hinauswerfen.” Besser: „Ich möchte auch beim Lesen von solchen Berichten ein bisschen Spaß haben.” Beachten Sie die verhängnisvolle aggressive Verbindung: Was Sie über die Arbeit eines anderen sagen, bezieht dieser auf sich selbst (und empfindet, dass Sie ihn zum Fenster hinauswerfen möchten).

4. Bitten Sie, ohne zu fordern

Je konkreter Ihre Bitte ist, umso eher wird sie ausgeführt. “Bitte schreiben Sie das noch mal, und zwar lesbar”, ist frustrierend und zu allgemein – außerdem ist darin eine gewalttätige Totalabwertung der bisher geleisteten Arbeit enthalten. Besser: “Bitte kürzen Sie, so viel Sie können, und fangen Sie mit irgendetwas Unterhaltsamem an. Bei der Tagung wurde doch auch viel gelacht.” Das gesamte Konzept finden Sie in: Marshall Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation. Junfermann Verlag, Paderborn 2012. ISBN 3-87387-454-7. 21,90 €.

simplify-Sofort-Tipp: Methode „Ich”

An die 4 Regeln für Rosenbergs Gewaltfreie Kommunikation erinnern Sie sich am einfachsten so: Nehmen Sie sich vor, möglichst jeden Satz mit „Ich” zu beginnen. Am besten, Sie üben jetzt sofort in Gedanken ein Gespräch, das Sie demnächst führen möchten. An solch einem konkreten Beispiel trainiert, gehen Ihnen die 4 Gesprächsregeln sofort in Fleisch und Blut über. Probieren Sie’s!

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