- Wer sind Sie wirklich? Wann spielen Sie nur eine Rolle?
- 1. Der Zauber der 10
- 2. Die Macht der Schrift
- 3. Fragen Sie Ihr Leben stufenweise ab
- 4. Kreisen Sie sich ein
- 5. Gehen Sie ins Kino Ihres Kopfes
- 6. Notieren Sie Ihr „Drehbuch“
- 7. Erfinden Sie Überschriften
- 8. Verbinden Sie die Punkte
- 9. Finden Sie das Geschenk
Wer sind Sie wirklich? Wann spielen Sie nur eine Rolle?
Warum entscheide ich mich in bestimmten Situationen so und nicht anders? Warum verhalte ich mich immer wieder nach ganz bestimmten Mustern? Warum wiederholen sich die gleichen Ängste, Unlustgefühle oder Aggressionen immer wieder?
Der amerikanische Psychologe Phillip McGraw hat in seiner Arbeit mit Patienten herausgefunden, dass solche Verhaltensmuster durch einschneidende Erlebnisse in Ihrer Vergangenheit gesteuert werden – längst nicht nur solche, die in der Kindheit passiert sind. Er hat dazu ein Hilfesystem entwickelt, mit dem die prägenden Erfahrungen der Persönlichkeitsentwicklung auch von Menschen entdeckt werden können, die überzeugt sind, alles vergessen zu haben.
1. Der Zauber der 10
McGraws verblüffende Entdeckung: Es sind fast nie mehr als 10 Ereignisse, die das Leben eines Menschen entscheidend beeinflussen. Falls es (bei besonders schweren Schicksalen, etwa bei Kriegserlebnissen) deutlich mehr wären, fasst unser Persönlichkeitsgedächtnis sie so zusammen, dass die Zahl 10 nicht überschritten wird. Ein Ereignis wird dann als „Muster“ für ähnliche behalten.
2. Die Macht der Schrift
Notieren Sie – nur für sich, vertraulich und allein für Ihre eigenen Augen bestimmt – die wichtigsten Momente Ihres Lebens. Lassen Sie sich zunächst nicht von der Zahl 10 einschränken. Schreiben Sie alles, was Ihnen einfällt, auf einen Zettel, am einfachsten in zeitlicher Reihenfolge – und ohne Stress. Ihre Aufzeichnungen können zwischendurch ruhig ein paar Tage liegen, bevor Sie weitermachen.
3. Fragen Sie Ihr Leben stufenweise ab
Gehen Sie jeden der im Folgenden genannten Lebensabschnitte einzeln durch und fragen Sie sich, welche Ereignisse in dieser Spanne Ihnen am lebhaftesten vor Augen sind. Verlassen Sie sich dabei auf Ihre Spontaneität: Was Ihnen als Erstes einfällt, ist in der Regel auch das Ereignis, das Sie am stärksten geprägt hat. Das kann eine schwere Krankheit sein, ein Todesfall, eine besonders glückliche Erfahrung oder auch ein unvergesslicher Traum.
- Alter 1 – 5 Jahre Typischerweise handeln Ihre wichtigsten Momente in dieser Lebensphase von Ihrem Verhältnis zu Ihren Eltern. Aber auch eine Krankheit oder ein Angsttraum aus dieser Zeit ist häufig ein prägender Moment.
- Alter 6 – 12 Die Phase, in der ein Lehrer oder eine Lehrerin in Ihr Leben tritt und Sie sich im Verbund vieler Altersgenossen bewähren müssen.
- Alter 13 – 20 Aufruhr, Frustration und neue Entdeckungen prägen diese Phase. Alleinsein, erotische Erfahrungen, erste ernsthafte Überlegungen über die eigene Zukunft.
- Alter 21 – 38 Das Leben als Bürger eines Staates, einer Firma oder Institution, als (Ehe)Partner, Elternteil.
- Alter 39 – 55 Eine Phase, in der üblicherweise eine neue Lebensära beginnt: Sie haben sich etabliert und sehen ziemlich weit in die Zukunft. Prägende Momente sind hier häufig Erlebnisse, die diese Sicherheit erschüttern.
- Alter 56 und älter 56 ist keineswegs das Ende des Lebens, aber ab diesem Zeitpunkt kommt das Ende unweigerlich in den Blick: das Ende des Berufs, des bisherigen Familienzusammenhangs, der selbstverständlichen Gesundheit.
4. Kreisen Sie sich ein
Wählen Sie dann in einem 2. Schritt die 8, 9 oder 10 wichtigsten Eckpunkte aus. Umringeln Sie die Ereignisse, die Ihnen besonders erwähnenswert erscheinen und aus denen Sie etwas gelernt haben könnten. Sie werden sehen: Es sind nicht mehr als 10.
5. Gehen Sie ins Kino Ihres Kopfes
Um intensiven Zugang zu Ihren entscheidenden Lebensmomenten zu bekommen, verfilmen Sie jede Szene in Gedanken und fragen Sie sich:
- Wo sind Sie in diesem Moment?
- Wie sieht es dort aus?
- Wie alt sind Sie ungefähr, wie sehen Sie aus?
- Wer ist dabei – und wer fehlt?
- Welche Gefühle oder Gefühlsänderungen erfahren Sie in diesem Moment?
- Sammeln Sie Ihre geistigen und körperlichen Wahrnehmungen: Sind Sie innerlich klar oder benebelt?
- Was riechen, tasten, schmecken, fühlen Sie? Sind Sie traurig oder froh? Haben Sie Schmerzen?
- Wenn Sie mit jemandem sprechen könnten, was würden Sie sagen?
- Was sagen Sie zu sich selbst?
6. Notieren Sie Ihr „Drehbuch“
Schreiben Sie die gefundenen 10 (oder weniger) Ereignisse mit ein paar Stichworten hintereinander auf, und zwar so, dass über und unter jeder Beschreibung noch Platz bleibt.
7. Erfinden Sie Überschriften
Fassen Sie nun den inneren Sinn jedes Erlebnisses zusammen. Beispiele: „Meine 1. Begegnung mit dem Tod“; „Lösung eines Problem durch Selbstopferung“; „Die Macht der Liebe“.
8. Verbinden Sie die Punkte
Prüfen Sie nach, ob in der Reihenfolge Ihrer wichtigsten Momente eine innere Logik steckt. Wiederholen sich dabei bestimmte Muster?
9. Finden Sie das Geschenk
Notieren Sie unter jedem Ereignis, was Sie daraus Nützliches für Ihr weiteres Leben und Ihre Persönlichkeitsentwicklung mitbekommen haben – denn das gibt es auch bei den schlimmsten und tragischsten Ereignissen! Vor allem dieses Geschenk zählt. Vertrauen Sie darauf: Ihre aktuelle Persönlichkeit setzt sich aus den Narben und gewonnenen Erfahrungen zusammen, nicht aus den erlebten Verletzungen.
Der Fachbegriff für diese Art von Psychologie lautet „ressourcenorientiert“. Sie geht davon aus, dass auch die negativsten Erfahrungen Kräfte in uns wecken, auf die wir während unseres weiteren Lebens zurückgreifen können – ein Vorrat („Ressource“) an bewährten Denk- und Handlungsmustern. Wenn Sie mehr darüber von Phillip McGraw erfahren möchten: Lebensstrategien. 10 Regeln, damit Ihnen das gelingt, worauf es im Leben wirklich ankommt. mvg 2007; 8,90 €. ISBN: 3636072129.
Autor: Tiki Küstenmacher