Freier atmen, freier leben!
Gehirn und Rückenmark sind von einer Flüssigkeit umgeben, dem „liquor cerebrospinalis“. Sie pulsiert in einem eigenen Takt von etwa 7 bis 14 Zyklen pro Minute. Gesteuert wird dieser craniosacrale Rhythmus (CSR, von cranion = Schädel und os sacrum = Kreuzbein) vor allem durch winzige, unbewusste Bewegungen der Schädelknochen. Fehlfunktionen in diesem System können zu schweren, bisher kaum behandelbaren Krankheiten führen (Migräne, Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom/ADS, Rückenleiden, Tinnitus usw.). Hilfe kann die craniale Osteopathie bringen, die immer mehr Therapeuten anbieten. Aber Sie können sich auch selbst Gutes tun.
Ausgewogener CSR durch Atmung
Viele Menschen atmen zu flach. Sie benutzen nur den oberen Brustraum und lassen den unteren, für die Sauerstoffumwandlung besonders effizienten Lungenbereich ungenutzt. Hauptgründe: unser angelerntes Schönheitsideal (Brust raus, Bauch rein!) und unbewusste Sorgen oder Belastungen. Letztere schalten den Organismus in den Flucht-oder-Kampf-Modus, bei dem die Atmung spontan zurückgenommen wird („den Atem anhalten“). Regelmäßiges Bauchatmen (siehe letzte Ausgabe) ist der entscheidende Schlüssel zu verbessertem CSR.
So spüren Sie Ihren CSR
Legen Sie sich auf einer bequemen, festen Unterlage auf den Rücken (z. B. Teppich, ein Bett ist zu weich). Strecken Sie die Beine aus, atmen Sie tief und ruhig, legen Sie die Fingerspitzen sanft an Schläfen und Kiefergelenk. Fühlen Sie, wie sich beim normalen Einatmen Ihr Kopf minimal ausdehnt. Atmen Sie tief ein und halten Sie den Atem etwa 15 Sekunden lang an.
Prüfen Sie, ob Sie ein langsames Enger- und Weiterwerden des Kopfes feststellen können (das sonst vom Atemrhythmus überdeckt wird). Ein Zyklus dauert zwischen 4 und 9 Sekunden. Meist gelingt das erst nach mehrmaligen Versuchen, denn der CSR ist ausgesprochen zart. Wenn Menschen aber diesen neuen Körpertakt entdeckt haben und ihn unterscheiden können von Atem und Puls, durchströmt sie meist ein feines Glücksgefühl.
So verbessern Sie Ihren CSR
Wenn Sie Ihren Brustraum weiten, stellen Sie der Lunge mehr Platz zur Verfügung und befreien die craniosacralen Kanäle. Legen Sie sich dazu auf den Boden, ziehen Sie die Beine leicht an, und verdrehen Sie beim Einatmen die Wirbelsäule: Knie nach rechts, Kopf nach links. Schauen Sie in Ihre geöffnete Handfläche, während die andere am Boden liegt.
Strecken Sie beim Einatmen den Bauch heraus, die Wirbelsäule hebt sich vom Boden ab, das Becken kippt nach vorn. Beim Ausatmen drücken Sie die Wirbelsäule auf den Boden, das Becken kippt in Richtung Bauchnabel, Kopf und Knie gehen in Mittelstellung. Bleiben Sie ausgeatmet 10 bis 15 Sekunden liegen. Dann das Ganze zur anderen Seite, insgesamt 10- bis 15- mal.
Befreien Sie sich von Süchten
Wenn Sie das Rauchen aufgeben oder sich schlechte Essgewohnheiten abgewöhnen möchten, ist diese Roll-Atem-Übung eine perfekte Vorbereitung. Stellen Sie sich beim Einatmen vor, dass Sie mit der Atemluft alles bekommen, was Sie brauchen. Der tiefe Atem macht Sie so glücklich, dass Sie weder Nikotin noch Schokolade brauchen.
Das beste Buch zum Thema: Gay Hendricks, Bewusst atmen. Knaur, München 1995, ist leider vergriffen, aber gebraucht erhältlich.