Besser anlegen mit den Erkenntnissen der Neuroökonomie
Die meisten Menschen sind überzeugt, ihr Geld nach rein rationalen Kriterien anzulegen. Der amerikanische Wirtschaftsjournalist Jason Zweig hält das für einen Irrtum und zeigt, wie Sie neurologische und psychologische Erkenntnisse für eine wirklich vernünftige Geldanlage nutzen können. Hier seine besten simplify-Tipps.
Rational bleiben
Erkennen Sie, wann statt Ihres Kopfes Ihr Bauch regiert. Dazu verleiten angebliche Trends oder neue Technologien, die plötzlich in aller Munde sind. Lassen Sie sich nicht durch simple Botschaften à la „Der Nanotechnologie gehört die Zukunft“ verführen, die Unternehmen der jeweiligen Branche prinzipiell für investitionswürdig zu halten.
Die richtigen Fragen – die richtigen Antworten
Durchschauen Sie den Propheten- Trick. Wem eine schwierige Frage gestellt wird, der beantwortet unbewusst meist eine andere, leichtere. Beispiel: „Wird die Aktie weiter steigen?“ Wer dies angesichts einer nach oben gerichteten Kurve bejaht, beantwortet in Wirklichkeit nur die Frage, welche Entwicklung die Aktie in der Vergangenheit genommen hat. Fragen Sie sich selbstkritisch: Woher weiß ich das? Welche echten Indikatoren gibt es?
Spielen Sie den Advocatus Diaboli. Wer eine Annahme („XYZ ist eine todsichere Anlage“) stützen möchte, sucht meist nach weiteren Belegen für ihre Richtigkeit. Machen Sie’s umgekehrt, und bemühen Sie sich, Ihre eigene Annahme zu widerlegen. Nur so werden Sie auf Stimmen hören, die Sie sonst unbeachtet ließen.
Wirksame Maßnahmen gegen Suggestion
Nehmen Sie die Bewegung raus. Menschen werden wie Tiere durch Bewegung gereizt. Verben wie „steigen“ oder „springen“ rufen entsprechend positive Assoziationen hervor (und „fallen“ ist negativ besetzt). Um die Marktgeschehnisse nüchterner zu beurteilen, übersetzen Sie Bewegungswörter in Ausdrücke wie „einen Gewinn verbuchen“. Auch Schaubilder, die eine rasante Entwicklung zeigen, stimmen leicht euphorisch. Deswegen werden Charts oft „gespreizt“, damit die Kurven dramatischer aussehen. Bitten Sie Ihre Berater um ehrliche Grafiken, die die längerfristige Entwicklung der Aktien zeigen.
Entscheiden Sie ohne Stimmungsfaktor. Experimente belegen: Auch kleine, unbewusst wahrgenommene Eindrücke (der an der Bankfiliale vorbeibrausende Notarztwagen, das stimmungsvolle Foto hinter Ihrem Bankberater) beeinflussen Ihre Entscheidung – besonders Ereignisse, die sich auf Ihre Stimmung auswirken. Die Aktienkurse steigen an sonnigen Tagen leichter als an bewölkten Tagen! Klassisches Gegenmittel: eine Nacht darüber schlafen. Wenn Sie direkt nach einer Beratung unterschreiben wollen oder sollen, gehen Sie vor der Unterschrift an die frische Luft oder auf die Toilette, um die unbewussten Eindrücke zu neutralisieren.
Tut gut: eine kalte Dusche
Holen Sie eine 2. Meinung ein. Machen Sie’s wie viele erfolgreiche amerikanische Unternehmen, die von einer Doppelspitze geleitet werden (z. B. Yahoo). Ideales Korrektiv für Sie ist ein guter Bekannter, der gewohnt ist, Ihnen zu widersprechen.Wichtig: Sie sollten ihm vertrauen, aber emotional nicht zu nahestehen.
Bremsen Sie Ihre Euphorie mit Ihrem Körper. Stoßen Sie sich mit den Armen vom Verhandlungstisch ab. Dadurch distanzieren Sie sich von den emotionalen Aspekten Ihrer Entscheidung. Das hilft, die Entscheidung nochmals zu überdenken.
Wann der Bauch gefragt ist
So wichtig Rationalität für ein gutes Finanzgebaren ist – beim Einschätzen von Personen hat sie ihre Grenzen. Zweig rät: Achten Sie bei der Wahl eines Anlageberaters nicht nur auf Referenzen und klangvolle Titel. In schwierigen Entscheidungen ist es wichtig, dass Sie ihm gefühlsmäßig vertrauen und die Chemie zwischen Ihnen stimmt. Wenn Sie bei der Lektüre eines Geschäftsberichts oder eines Briefs des Vorstandsvorsitzenden an die Aktionäre ein ungutes Gefühl bekommen, betrachten Sie dies als Alarmsignal.