Wie Sie sich vor emotionaler Vergiftung schützen können
Sie reden mit jemandem und fühlen sich plötzlich ängstlich, zornig oder traurig. “Was ist das?”, fragen Sie sich. Es ist die unangenehme Seite einer wunderbaren menschlichen Eigenschaft, sagt die US-Autorin Martha Beck: Ihre Fähigkeit, die Emotionen anderer aufzusaugen wie ein Schwamm – und dabei zu vergessen, wer Sie selbst sind.
Der britische Biologe Rupert Sheldrake hat das Phänomen der „telefonischen Telepathie“ beschrieben und studiert: Wenn es klingelt, wissen viele Menschen, wer da anruft – gerade wenn sich derjenige schon lange nicht mehr gerührt hat. Oder Sie denken intensiv an einen anderen – und dann läutet das Telefon, und er/sie ruft Sie an. Interessanterweise funktioniert das nur mit Menschen, mit denen Sie emotional verbunden sind.
Probieren Sie es aus
Auch oder gerade wenn Sie den Muskeltonustests der Kinesiologen skeptisch gegenüberstehen, sollten Sie das folgende Experiment mit einem anderen Menschen durchführen: Bitten Sie Ihr Gegenüber, den Arm parallel zum Fußboden auszustrecken und ihn mit aller Kraft waagerecht zu halten. Jetzt versuchen Sie, die Hand der Versuchsperson nach unten zu drücken. Zuerst einfach so, dann denken Sie mal negativ über diese Person („Du Schwächling!“), mal positiv („Ich mag dich!“). Der Arm des anderen ist viel stärker, wenn Sie gute Gedanken über ihn haben! Manipulation ist ausgeschlossen, denn Sie sagen ja nichts. Die einzig mögliche Erklärung: Es gibt eine drahtlose, schweigende Kommunikation zwischen den Herzen der Menschen, vorbei an allen rationalen Barrieren.
Übrigens erklären sich damit viele Tests der Kinesiologie neu: Wenn der Patient z. B. ein schädliches Nahrungsmittel in der Hand hält, kann der Arzt deshalb den Arm des Patienten so leicht herunterdrücken, weil der Arzt ihm diese Schwäche emotional übermittelt!
Schützen Sie sich
Tauschen Sie bei diesem Experiment die Rollen. Sollten Sie feststellen, dass Sie gegen die Gedanken des anderen immun sind, gehören Sie zur seltenen Gruppe der Nicht-Schwämme. Die meisten Menschen werden von den negativen Meinungen ihrer Mitbürger geschwächt. Einige in so extremer Weise, dass dringend Gegenmittel gefunden werden müssen, damit die eigene Persönlichkeitsentwickung durch diese Fähigkeit nicht beeinträchtigt wird.
Martha Beck empfiehlt, sich an eine besonders angenehme und entspannende Situation zu erinnern: an einen Sonnenuntergang am Strand, eine erotische Nacht mit Ihrem liebsten Menschen oder an den Moment, als Sie Ihr neugeborenes Kind zum 1. Mal im Arm hielten. Solche Vorstellungen bilden einen Schild des Lichts um Ihre empfindsame Seele, eine goldene Rüstung für Ihr zartes Selbst.
Im Laufe der Arbeit mit vielen „Schwamm-Patienten“ hat Beck eine Abschirmtechnik entwickelt, mit der Sie sich wirksam von im schlechten Sinn emotional ansteckenden Menschen abgrenzen können. Als Merkwort dient ÖFTER – getreu der Maxime: Sie sollten sich nicht immer vor den Gefühlen anderer Menschen schützen, aber immer öfter.
Die Schutzschild-Methode
Öffnen Sie sich für Ihre Empfindungen. Wenn Sie von der emotionalen Ausstrahlung eines Mitmenschen heruntergezogen werden, streiten Sie diese Wahrnehmung nicht innerlich ab. Sondern freuen Sie sich über Ihre Gabe, empfindsam zu sein und mit dem Herzen sehen zu können.
Fühlen Sie, was genau das für eine Empfindung ist. Beim aufmerksamen Hinspüren stellen Schwamm-Menschen oft fest, dass das Gefühl in ihnen gar nicht zu ihnen selbst passt, sondern buchstäblich dem anderen gehört. Als ausgeglichener Mensch beispielsweise fühlen Sie in Gegenwart eines zornigen Zeitgenossen eine Ihnen fremde Wut. Sobald Sie diese Diskrepanz wahrnehmen, sind Sie einen entscheidenden Schritt weiter: Sie wissen, dass Sie einen Schutzschild brauchen.
Testen Sie: Wenn Sie merken, dass Sie offensichtlich die Gefühle eines anderen aufsaugen wie ein Schwamm, gehen Sie versuchsweise von diesem Menschen weg. Wie fühlen Sie sich 2 Räume weiter entfernt? In der Regel werden Sie eine gewisse Befreiung und Erleichterung spüren – ein sicheres Signal für eine Schwamm-Situation.
Entspannen Sie sich. Atmen Sie 3-mal ruhig und bewusst ein und aus. Trinken Sie etwas. Gönnen Sie sich ein paar Minuten Ruhe, während der Sie sich auf den nächsten Schritt vorbereiten:
Rüsten Sie sich mit einem Schutzschild aus. Tun Sie das, während Sie noch in physischer Distanz zu dem emotional ansteckenden Menschen sind. Versetzen Sie sich in Gedanken an einen Ort, der gut ist für Ihre Seele – der oben beschriebene Sonnenuntergang, eine glückliche Situation aus Ihrer Kinder- oder Teeniezeit oder eine mentale Vorstellung. Manche Menschen hüllen sich in ihrer Fantasie in eine schimmernde Rüstung, eine glühende Aura aus wärmendem Licht oder stellen sich auf Schuhe mit überhohen Absätzen.
Ziel ist nicht, sich in der Persönlichkeitsentwicklung abzukapseln von den anderen. Es geht ganz im Gegenteil darum, wieder die eigene Kraft zu entdecken, um den mürrischen, wütenden oder traurigen ansteckenden Zeitgenossen aus seinem emotionalen Gefängnis zu befreien. Ein Ritter oder eine Amazone des Lichts ist nicht für sich selbst da, sondern für die Gemeinschaft aller.