Lerntechniken für Alltags-Mathematik

Lerntechniken für Alltags-Mathematik

Rechnen nicht wie in der Schule – sondern wie im Alltag!

Mathematik ist nun einmal trocken – glauben die meisten Menschen. Stimmt aber nicht. Sie bekommen viel leichteren Zugang zum abstrakten Zahlenreich, wenn sich mit gelungenen Lerntechniken der Stoff mit einer konkreten Geschichte verbinden lässt. So können Sie auch dem ödesten Mathe-Unterricht oder dem trockensten Studienstoff Leben einhauchen. Ein paar Beispiele:

Der Kniff beim Prozentrechnen

Die Geschichte: Darf der Verkäufer das wirklich? Falls nicht: Welchen Rabatt muss er zuerst abziehen?

simplify-Trick: Prozentrechnen ist Multiplizieren. Es wird immer etwas durch 100 geteilt und dann malgenommen. Deswegen lassen sich Prozentsätze selten einfach zusammenzählen, auch hier nicht. Um einen Betrag um 7 % zu reduzieren, müssen Sie den Betrag mit (100-7) / 100 = 93 / 100 = 0,93 multiplizieren. Das ist der so genannte Verminderungsfaktor. Die 3 % Skonto entsprechen einem Verminderungsfaktor von 0,97. Die Rechnung lautet bei einem Paar Stiefel für 200 € dann also 200 · 0,97 · 0,93 = 180,42. Zwei Multiplikationen darf man vertauschen – es ist daher egal, welchen Rabatt Sie zuerst abziehen. Der Fehler gegenüber der falschen Methode beträgt 42 Cent.

Mehrwertsteuer rückwärts

Die Geschichte: Jeder Selbstständige kennt das, weil das Finanzamt auf größeren Rechnungen immer den Mehrwertsteuerbetrag in Euro und Cent verlangt.

simplify-Trick: Betrachten Sie den Kaufpreis nicht als 100 %, sondern als 119 % (100 % plus 19 % Umsatzsteuer, im Volksmund Mehrwertsteuer). Teilen Sie den Endpreis durch 119, erhalten Sie „1 %”. Dieses mit 19 multipliziert ergibt den Steueranteil. Also 200 / 119 · 19 = 31,93. Wollen Sie den Nettobetrag erfahren, tippen Sie in den Taschenrechner: 200 / 116 · 100 = 168,07.

Für Fortgeschrittene: Noch eleganter ist es, wenn Sie gleich den Vermehrungsfaktor 1,19 sehen, der aus dem Nettobetrag den höheren Bruttobetrag gemacht hat. Für die „Mehrwertsteuer rückwärts” müssen Sie durch den zuvor angewendeten Vermehrungsfaktor teilen: 200 / 1,19 = 168,07.

Der Daumensprung

Die Geschichte: Sie stehen am Ufer eines Sees und möchten herausfinden, wie weit es bis zum anderen Ufer ist. Denn Sie trauen sich zu, 200 m weit zu schwimmen. Mehr ist zu gefährlich. Entfernungen auf dem Wasser sind schwer zu schätzen.

simplify-Trick: Strecken Sie Ihre Hand aus und peilen Sie einen Gegenstand am anderen Seeufer an, erst mit dem einen, dann bei unveränderter Armhaltung mit dem anderen Auge. Der Daumen scheint dabei hin- und herzuspringen. Schätzen Sie die Strecke zwischen Ihren beiden Daumenansichten. Ein normal großes Auto ist etwa 4,50 m lang, mit Parkabstand 6 m. Dann entsprechen 5 Autos etwa 30 m.

Auf der Zeichnung mit dem See wird deutlich, dass Sie es mit 2 ähnlichen gleichschenkligen Dreiecken zu tun haben. Dreieck 1 wird gebildet aus Ihrem Augenabstand und der Länge Ihres Arms. Bei den meisten Menschen beträgt das Verhältnis der beiden 1 zu 10 (Pupillenabstand 6,5 cm, Armlänge 65 cm). Vom 2. Dreieck kennen Sie nur die Schmalseite (30 m). Die lange Seite lässt sich berechnen, denn sie hat zur schmalen das gleiche 1-zu-10-Verhältnis wie das Augenabstand-Armlänge-Dreieck. Das andere Ufer ist also 300 m entfernt.

Verteilproblem

Die Geschichte: 2 Araber lassen sich zum Abendessen nieder. Der eine hat 3, der andere 2 Brote dabei. Da taucht völlig erschöpft ein Fremder auf. Er habe zwar noch etwas Geld, aber nichts zu essen, berichtet er. Die beiden Araber teilen den Essensvorrat gerecht: Jeder isst gleich viel, alle 3 werden satt. Der Fremde gibt den beiden Arabern 5 Münzen. Der eine meint, er wolle sie entsprechend den beigesteuerten Broten aufteilen und daher 2 Münzen behalten. Der andere protestiert und ruft den Kadi herbei. Der gibt dem einen 4, dem anderen 1 Münze. Ist das gerecht?

simplify-Trick: Bei solchen Verteilungsaufgaben gibt es keine schnelle Lösung. Sie kommen nie darum herum, eine Art Bilanz aufzustellen, mit Gesamt- und Einzelvermögen. Also: Zusammen haben die Araber 5 Brote, die auf 3 Hungrige aufgeteilt werden. Jeder isst also 5/3 Brote. Damit hat der 1. Araber dem Fremdling 3 – 5/3 = 4/3 Brote spendiert. Der 2. hat zur Sättigung des Fremden aber nur 2 – 5/3 = 1/3 Brot beigetragen. Es ist gerecht, dem ersten 4 und dem zweiten 1 Münze zu geben. Der Kadi ist ein kluger Mann.

Bitte die Eigenwerbung verzeihen, aber das Buch ist einfach wunderschön geworden: Werner Küstenmacher, Heinz Partoll und Irmgard Wagner, Mathe Macchiato – Cartoonkurs Mathematik. Pearson Studium, München 2010. 19,95 €. ISBN 3-8273-7061-2.

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